Kakao: ein trügerischer Preisverfall?

Nachdem die Kakaopreise im April ein Allzeithoch erreicht hatten (10.000 USD/Tonne), das weit von den Höchstständen der Jahre 2009 und 2011 (3.700 USD/Tonne) entfernt war, fielen sie nach den Osterfeiertagen wieder auf 7.000 USD/Tonne. Sie sind jedoch nach wie vor dreimal so hoch wie vor einem Jahr und werden wohl auch so hoch bleiben. Zum Teil lässt sich der Anstieg der Kakaobohnenpreise durch wilde Spekulationen an den Märkten erklären, er spiegelt zugleich aber auch eine mittelfristig problematische Angebotsverknappung wider.

Geringe Zahl der Erzeugerländer macht das Angebot sehr anfällig

 

Auf nur vier Länder entfallen 75 % der weltweiten Kakaobohnenproduktion, über 60 % davon auf Westafrika, was sie anfällig für wirtschaftliche und wetterbedingte Schocks macht.

Die weltweite Kakaobohnenproduktion wird bis 2024 um 11 % zurückgehen

Hierfür gibt es viele Gründe. Wetterphänomene (insbesondere El Niño), der weit verbreitete Kakaoanbau in der prallen Sonne (ein Grund für Abholzung) und die zunehmende Häufigkeit der Ernten haben die Entwicklung von Parasiten und Krankheiten gefördert, gegen die Chemikalien eingesetzt werden, die wiederum den Boden verarmen lassen. Die Überalterung der Plantagen und ihre teilweise Nichterneuerung (in Verbindung mit dem Einkommensrückgang der Erzeuger) haben sich ebenfalls auf die Produktion ausgewirkt – die Kakaoerträge beginnen nach 15 Jahren zu sinken.

Ein hochkonzentrierter Wirtschaftszweig

Allein vier Unternehmen verfügen über fast zwei Drittel der weltweiten Mahlkapazitäten, und zehn Unternehmen, die alle in fortgeschrittenen Volkswirtschaften ansässig sind, teilen sich mehr als 40 % des Einzelhandelsmarktes für Süßwaren. Diese Hyperkonzentration macht es für glaubwürdige neue Hersteller praktisch unmöglich, auf den Markt zu kommen, da die Kosten für den Aufbau einer ausreichend großen Zerkleinerungs- und Verarbeitungsinfrastruktur kolossal sind.

Die Nachfrage nimmt weiter zu ...

In den letzten 40 Jahren hat sich die Nachfrage verdreifacht, vor allem in Europa und Nordamerika. Bis 2023/2024 werden weltweit 4,8 Millionen Tonnen Kakao verbraucht werden (90 % in Form von Schokolade).

Mit 9 Ländern unter den Top 10 ist Europa der weltweit größte Schokoladenkonsument, auf den fast 50 % der Nachfrage entfallen.

... und die Preise werden weiter steigen

Da es keine Anzeichen für eine Korrektur gibt, werden die Preise für Kakaobohnen mittelfristig wahrscheinlich sehr hoch bleiben. Während die weltweite Nachfrage in diesem Jahr 4,8 Mio. Tonnen erreichen wird, dürfte das Angebot 4,5 Mio. Tonnen nicht übersteigen, vor allem weil die beiden wichtigsten Kakaoerzeugerländer – Côte d'Ivoire und Ghana (3,3 Mio. Tonnen Kakaobohnen im Jahr 2022, d. h. 58 % der weltweiten Produktion) - ihre Produktion nicht wesentlich steigern können.

Langfristige Auswirkungen auf die Umwelt

Der Lebenszyklus einer Kakaoplantage beträgt 25 bis 30 Jahre. Die Kulturen erreichen nach 5 Jahren ihren Produktivitätshöhepunkt, diese beginnt dann nach 15 Jahren zu sinken, wobei sie in den letzten 10 bis 15 Jahren unter die Rentabilitätsgrenze fällt.

An diesem Punkt haben die Landwirte mehrere Möglichkeiten:

  • mit einem viel geringeren Einkommen weitermachen
  • die Pflanzen zu erneuern (und damit in den nächsten 5 Jahren auf eine Ernte zu verzichten)
  • neue Anbauflächen zu erschließen und/oder diese Kulturen auf Palmen oder Kautschukbäume umzustellen.

Die Verlagerung des Kakaoanbaus führt de facto zur Rodung (und damit zur Abholzung) von unberührten Flächen, womit die Industrie zugleich die „Waldrente“ als Finanzierungsquelle nutzt. Trotz immer strengerer Vorschriften zum Schutz der Wälder dürfte der steigende Produktionsbedarf zu einer Ausweitung der Anbauflächen und damit zu einer Zunahme der Entwaldung führen, ein Prozess, der durch die schwierige Rückverfolgbarkeit der Kakaoprodukte nach dem Mahlen noch verschärft wird.

Autoren und Experten